Geschichte

Die Geschichte der Berliner Domgemeinde ist so wechselvoll wie die ihrer Gebäude. 1450 wurde im damals neuen Schloss die Erasmus-Kapelle als Hofkirche geweiht. 

Papst Paul II. bestätigte 1465 das bei ihr errichtete Kollegiatstift. Kurfürst Joachim II. machte die Kirche zu einem Domstift und stattete sie reich aus. Nachdem er 1539 die Reformation in Brandenburg eingeführt hatte, wurde das Domstift seit den 1550er Jahren evangelisch-lutherisch. Kurfürst Joachim Friedrich wandelte das Domstift im Jahre 1608 in eine Pfarrkirche, die „Oberpfarr- und Domkirche“, um. Doch erst mit der Konversion Kurfürst Johann Sigismunds vom Luthertum zum Calvinismus entwickelte sich eine reformierte Gemeinde in Berlin-Cölln, der in einer Urkunde von 1632 die Domkirche als Gottesdienststätte zugesprochen wurde.

Im Zuge der preußischen Staatsreformen wurde mit dem Statut vom 16. Mai 1812 das Domkirchenkollegium eingerichtet, das für die weltlichen wie für die geistlichen Aufgaben verantwortlich war. Diesem gemeindeleitenden Gremium, das bis heute existiert, gehörten erstmals zwei von der Domgemeinde gewählte Mitglieder an.

Mit der Einführung der Preußischen Union von 1817 wurde die Kirchengemeinschaft der Lutheraner und der Reformierten auch am Dom festgeschrieben. Dabei galt die Domgemeinde als „erste Unionsgemeinde“. Ab 1817 musste der Beitritt zur Gemeinde, die als sogenannte Personalgemeinde über keinen festgelegten Sprengel verfügte, wie heute auch, ausdrücklich erklärt werden. Eine Besonderheit bildete die Schlosspfarre. Diese in die Domkirche eingepfarrte Gemeinde bestand zwischen 1858 und 1919 aus den Schlossbewohnern mit Ausnahme der königlichen Familie selbst, und wurde von einem Schlosspfarrer, der zugleich Hof- und Domprediger war, betreut.

Gruftkirche nach 1944

Der Gemeinde, die durch die industrielle Revolution und die Reichsgründung im Laufe des 19. Jahrhunderts stark anwuchs, gehörten Personen aus allen sozialen Schichten an, neben Adel und bürgerlicher Oberschicht auch "Arbeitsmänner", "Tagelöhner" usw. Einen bedeutsamen Einschnitt für die Domgemeinde, die dem Kaiserhaus sehr verbunden war, stellte die Revolution von 1918 und das damit verbundene Ende der Monarchie dar. Auch in der Zeit der Weimarer Republik, der man skeptisch gegenüberstand, hielt man die Verbindung zu den Hohenzollern aufrecht. Als die ehemalige Kaiserin Auguste Viktoria 1921 starb, erhielt Wilhelm II. von der Domgemeinde beispielsweise Fotos von dem für die Trauerfeier geschmückten Dom "als Zeichen unserer unerschütterlichen Verehrung" (Domarchiv, Bestand 1, Nr.3106). Die Hohenzollerngruft blieb zudem Privateigentum des ehemaligen Herrscherhauses und war der Öffentlichkeit nicht zugänglich.

Gruftkirche nach 1944

In der Zeit der nationalsozialistischen Diktatur stand die Oberpfarr- und Domkirche als Zentralkirche des Protestantismus in einem Spannungsfeld zwischen erfolgreicher staatlicher Einflussnahme und Abwehr seitens der Domgemeinde. So wehrte sich die Gemeinde zum Beispiel gegen die Berufung von Friedrich Peter, einem Exponenten der „Deutschen Christen“, zum Domprediger. Andererseits wurde der Dom als Bühne symbolträchtiger Feiern missbraucht, die den Schulterschluss von Evangelischer Kirche und NS-Staat darstellen sollten. So fallen in diese Zeit Ereignisse wie die Einführung des „Reichsbischofs“ Ludwig Müller im Jahre 1934, aber auch kirchliche Trauungen von nationalsozialistischen Größen, wie Hermann Göring im Jahre 1935. Über die Rolle des Domes im Dritten Reich kann derzeit noch nicht abschließend geurteilt werden. Die Gesamtthematik wird gegenwärtig im Rahmen eines Forschungsprojektes seitens der Humboldt Universität zu Berlin näher untersucht.

Nach der Zerstörung des Domes 1944 und in der Nachkriegszeit versammelten sich bis zu 1.000 Gläubige in der Gruftkirche zum Sonntagsgottesdienst. Die Teilung der Stadt durch den Bau der Berliner Mauer belastete die Gemeinde schwer. Die West-Berliner nutzten seit 1963 die neu errichtete Kapelle der Kaiser-Wilhelm-Gedächtnis-Kirche und dann ab 1980 ihr eigenes Gemeindezentrum in der Müllerstraße, auf dem dortigen Domfriedhof. Im Ostteil setzte die Gemeinde ihre Arbeit im zerstörten Dom fort, allerdings war die Gruftkirche inzwischen ebenfalls baufällig geworden. Mit der erst nach 1980 wiederhergestellten Tauf- und Traukirche erhielt die Gemeinde einen neuen Feierort für den Gottesdienst.

In der DDR entschloss sich nach längeren Diskusionen die Regierung 1975 zum Wiederaufbau des Berliner Doms. Von einem Abriss der Tauf- und Traukirche nahm man, nach Intervention des Domkirchenkollegiums, wieder Abstand. Statt dessen wurde die Denkmalskirche, die inzwischen stark baufällig war, abgerissen. Die Kuppel und die vier Eckturmabschlüsse wurden stark vereinfacht wiederhergestellt und jeweils um 16 Meter in der Höhe reduziert. Dieser Wiederaufbau, der die Restaurierung des Innenraumes einschloss, dauerte bis 1993 und wurde von der Evangelischen Kirche in Deutschland und der Bundesregierung finanziert.

Das Zusammenwachsen der beiden Gemeinden nach 1989 brauchte Zeit. Viel Verständnis war auf beiden Seiten gefordert, um diesen nicht immer einfachen Weg gemeinsam zu gehen. Die Domgemeinde wächst beständig und hat jetzt circa 1.800 Mitglieder.

 


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